Ihr Bürgerbote - 09


Kleine Geschichten von der Ostsee von Siegfried Kümmel


Die kleine Gemeinde an der so schönen Ostseeküste hatte plötzlich und unerwartet ein neues Problem. Irgendwie musste etwas schief gelaufen und zusätzlich vergessen worden sein.

Eine Überwachung der Auftragsvergaben für die Ausführungsarbeiten der Modernisierung erfolgte selbstverständlich - nicht. Auch die Abrechnungen der Ausgaben wurden nicht mit Hinsicht auf die Bürgschaft kontrolliert, beschweige geprüft. Die monatlichen Abrechnungen der Verwaltung mit Bezug auf die Mieteingänge und der daraus erfolgten Ausgaben für die Bedienung der Kredite betrachtete man, wenn überhaupt, nur oberflächlich.
Schlicht, es wurde gehaust und verpulvert, was das Zeug hielt. Ein Kontrolle gab es nicht.

Doch damit nicht genug. Das Verwaltungsunternehmen meldete plötzlich und für alle Beteiligten wohl unerwartet Insolvenz an. Dies führte dazu, dass die kleine Gemeinde jetzt aus der Bürgschaft in voller Höhe in Anspruch genommen wurde. Die für den Kredit zuständige Bank kündigte den Kredit mit sofortiger Wirkung, so dass hier ein neues Bankhaus für die sofortige Ablösung der Gemeindeschulden von über 4,5 Millionen DM gefunden werden musste.

Auch die Rückzahlung, also die jeweils fällige Rate aus der Zahlungsverpflichtung der Altschuldenhilfe, war nicht so, wie im Verwaltervertrag vereinbart, aus den Mieteingängen erfolgt. Auch war bei den Verkäufen von einigen Eigentumswohnungen ein entsprechend festgelegter Anteil an den Kreditgeber der Altschuldenhilfe, also der Bundesrepublik Deutschland, nicht abgeführt worden.
Mahnungen mit Vollstreckungsandrohungen musste die Gemeinde nun auch hier in Kauf nehmen. Letztlich kam es zur sofortigen Kündigung des gewährten Kredits und der sofortigen Zahlung der noch offenen Restsumme aus dem Kreditvolumen, immerhin runde 900 TDM. Eine kurzfristige Finanzierung der Summe über eine neue Bank verhinderte Schlimmes.

Sicherlich musste das alles für die kleine Gemeinde nicht so schlimm gewesen sein, denn für die Schulden des abgelösten Kredits aus der Altschuldenhilfe hatte man doch, wenn auch hoch belastet, eine Immobilie. Für die Schulden aus der Modernisierung hatte man immerhin zum Teil modernisierte und zum Teil halbwegs fertige und unfertige Wohnungen.
Die Haus- und Wohnungseinheiten konnten zumindest von Mietern und einigen Eigentümern der Wohnungen weiter genutzt werden. Welch ein Trost, doch wenigstens etwas.

Über die Wirren der Zeit hatte man wohl völlig vergessen, die Höhe der Miete auf die tatsächlich investierte Summe und nach Abzug der Mehrwertsteuer aus dem Betrag von 4,5 Millionen DM, also der durch das Finanzamt an die Verwaltung ausgereichten Vorsteuer, neu zu berechnen und festzulegen. So zahlten die „Ärmsten“ der Gemeinde auch für die Schulden der Gemeinde.
Die nicht modernisierten Wohnungen wurden nach und nach gemacht, die Bezahlungen der Kosten wurde über den Haushalt der kleinen Gemeinde geregelt. Es zahlten nun alle Bürger.

Doch diese waren nicht informiert und ein über die Jahre entstandener Reparaturstau in den Haus- und Wohnungseinheiten durfte nicht noch zusätzlich in das Blickfeld der Bürger geraten. Das dies nicht passierte, dafür sorgten schon die „Macher“ in der kleinen Gemeinde.



Ihr Bürgerbote – 9. Ausgabe – Entwurf --
C2010 Siegfried Kümmels kleine Geschichten von der Ostsee.



Die Orte der Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden.
Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen und Ähnlichkeiten mit real existierenden Orten sind rein zufällig".



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